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Friesisch lernen – wofür denn? Von Motivation, Gemeinschaft und Gelegenheit

Ruth Kircher im Februar 2024 bei einem Workshop für die Kreispolitik zum Thema Mehrsprachigkeit, den das Nordfriisk Instituut mitgestaltet hat (Foto: Kreis Nordfriesland / Reinhard Witt)

Sprachforscherin zu Gast im 32. Nordfriesischen Sommerinstitut

Eine Besonderheit, wenn nicht sogar das Alleinstellungsmerkmal Nordfrieslands ist die friesische Sprache, als älteste Sprache der Region. Nachdem jedoch vor Jahrzehnten die Sprecherzahlen massiv zurückgegangen sind, weil in vielen Familien Friesisch nicht mehr an die nächste Generation weitergegeben wurde, scheint sich die Situation mittlerweile mehr oder weniger stabilisiert zu haben. Inzwischen lautet das Hauptthema „Vitalisierung“, Stärkung der Sprache und Gewinnung neuer Sprecherkreise. Seit kurzem widmet sich auch das renommierte Europäische Zentrum für Minderheitenfragen (ECMI) in Flensburg diesem Thema. Mit Prof. Dr. Ruth Kircher arbeitet dort eine ausgewiesene Expertin für dieses Feld. Außer im niederländischen Westfriesland hat sie auch in Kanada, zur Weitergabe indigener Sprachen und des Französischen, geforscht und lehrt als Honorarprofessorin an der Universität Montreal.

Am 31.7. berichtet Kircher im Nordfriisk Instituut über ihre Forschungen. In ihrem Vortrag wird sie neue Sprecherkreise des Westfriesischen in der niederländischen Provinz Fryslân, also Menschen, die Friesisch erst im Schulunterricht oder als Erwachsene gelernt haben, mit solchen des Nordfriesischen in Nordfriesland vergleichen. Aufschlussreich sind dabei die strukturellen Unterschiede: Die professionelle Unterstützung unterscheidet sich zwischen beiden Regionen massiv in Art und Umfang, die Sprache hat in der jeweiligen Gesellschaft zudem eine völlig andere Bedeutung; in beiden Regionen jedoch können Neu- Sprecherinnen und -Sprecher wesentlich zur (Wieder-)Belebung der angestammten Sprache beitragen. Dabei wird auch die grundlegende, aber oft übersehene Frage gestellt, weshalb nicht friesisch-muttersprachliche Menschen überhaupt Friesisch neu lernen: Welche Rolle spielt dabei ein Wunsch nach Zugehörigkeit oder nach einer friesischen Identität, und wann und mit wem sprechen sie dann tatsächlich ihre neu erlernte Sprache? Die Antworten hierauf unterscheiden sich zwischen Nord- und Westfriesland deutlich, und daraus lässt sich einiges ableiten, wie man die friesische Sprache speziell in Nordfriesland stärken kann.

Der Vortrag von Ruth Kircher findet statt in der Reihe „Nordfriesisches Sommerinstitut“, mit der das Nordfriisk Instituut aktuelle Forschungen zu Nordfriesland in Kontakt mit der nordfriesischen Öffentlichkeit bringt. Sie wird unterstützt von der Nord-Ostsee Sparkasse. Die Veranstaltung beginnt am 31.7. um 19 Uhr 30. Der Eintritt ist frei, es wird um eine Spende gebeten.