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Mut, das Undenkbare in den Blick zu nehmen

Christoph Schmidt (links) begrüßte den Bremischen Deichhauptmann Michael Schirmer im "Futuur". Foto: H. Wolbersen, NFI

Am Mittwoch, 26. Juni, wurde zum 29. Mal die traditionsreiche Vortragsreihe des Nordfriisk Instituut in Bredstedt eröffnet, das Sommer-Institut. Zum Auftakt hatte Direktor Dr. Christoph Schmidt den Bremischen Deichhauptmann Dr. Michael Schirmer eingeladen, im Nordfriisk Futuur über „Küstenschutz im Klimawandel“ zu referieren. Der Biologe war bis 2009 Professor für Klimafolgenforschung an der Universität Bremen. In seinem Vortrag zeigte er den aktuellen Wissensstand zur weltweiten Klimaerwärmung. „Die 1,5-Grad-Marke, die vor vier Jahren in Paris als rote Linie festgelegt wurde, haben wir praktisch schon erreicht“, so Schirmer, der darauf verweist, dass sämtliche Messwerte und Grafiken, die er präsentiert, von offiziellen Stellen stammen und frei zugänglich im Netz zu finden sind. „Die Kurven zeigen in den letzten Jahren steil nach oben – es geht rasant aufwärts, und ob wir es noch aufhalten können, wissen wir nicht.“ Das hat bereits Folgen; so erfrieren viele Schädlinge im Winter nicht mehr, und  immer mehr Fischarten aus den Mittelmeerländern werden schon in der Nordsee beobachtet. Noch könne man vielleicht die Situation beherrschbar halten; dafür müsse aber der Kohlendioxidausstoß so schnell wie irgend möglich drastisch verringert werden; da dürfe man nicht bequem auf andere Länder verweisen, „Deutschland steht hier an sechster Stelle“. Zugleich gelte es, die weltweite Abholzung von Wäldern zu stoppen. „Bäume mit ihrem Laub bauen Kohlendioxid ab, und je mehr davon in der Atmosphäre ist, desto schneller wachsen sie. Aber die Menschheit hat diese Selbstregulierung des Ökosystems durchbrochen, indem mehr Holz gerodet wird als nachwächst.“ Schleswig-Holsteins Küstenschutz stehe grundsätzlich gut da, anders als in Niedersachsen sei fast durchgehend eine zweite Deichlinie definiert, die gepflegt und verstärkt werde. Wenn aber die Erderwärmung sich weiter beschleunige, und derzeit sehe es danach aus, müsse man mit einem Meeresspiegelanstieg von mehreren Metern schon in der näheren Zukunft rechnen. Dennoch fehle in den Verwaltungen und Ministerien oft der Mut, auch bislang Undenkbares zu erörtern und neue Siedlungs- und Nutzungsmodelle zu entwickeln – jedes neue Sperrwerk verstärke den Effekt von Sturmfluten; das könne man nicht unbegrenzt fortsetzen.